Traumatherapie

Was ist ein Trauma? Was sind Traumafolgestörungen?

Als (Psycho-)Trauma bezeichnet man in der Psychologie seelische Verletzung. Ursächlich hierfür sind entweder einmalige, plötzliche und unkontrollierbare Ereignisse, die oft mit Todesangst einhergehen (ein Unfall, eine Vergewaltigung, ein Verlust einer emotional bedeutsamen Person etc.) oder wiederholte schädigende Ereignisse, die über eine längere Zeit anhalten (z. B. sexualisierte, körperliche oder emotionale Misshandlung). Gemeinsam haben diese Ereignisse, dass sie unser Gefühl von Vorhersehbarkeit, Sicherheit und Kontrollerleben erschüttern und damit unseren Blick auf die Welt, unsere Mitmenschen und uns selbst nachhaltig verändern können. Psychotraumatische Störungen „entstehen immer als direkte Folge der akuten schweren Belastung (…). Das belastende Ereignis oder die andauernde, unangenehme Situation sind der primäre und ausschlaggebende Kausalfaktor, und die Störung wäre ohne seine Einwirkung nicht entstanden” (ICD.10). Schwere Belastungen im o. g. Sinne beeinflussen oft in starkem Maß das Leben der Betroffenen, führen aber nicht immer zur Ausbildung von Traumafolgestörungen. Traumatisierte Menschen versuchen, alles, was sie an diese Ereignisse erinnert, zu vermeiden. Gefühle, Bilder, Gerüche etc., die bewusst oder unbewusst an das Trauma erinnern, lösen intensive Gefühle und Angstreaktionen aus, oft ohne dass der Betroffene dies auf das Trauma zurückzuführen vermag. Häufig entstehen für die Betroffenen selbst und ihre Umwelt neue, schwer verständliche Reaktionsweisen.

Welche Kernsymptomatik wird bei einer Posttraumatischen Belastungsstörung gezeigt?

Intrusionen:
… sind sich aufdrängende, belastende Traumaerinnerungen in Form von Bildern, Empfindungen, Flashbacks und Alpträumen.

Vermeidung:
… von Orten, Tätigkeiten, Stichworten, Menschen, die etwas mit dem Ereignis zu tun haben, die das Trauma zum Thema haben.

Numbing (emotionale Taubheit)
… Enge emotionale Bindungen mit Familie, Freunden und Kollegen werden vermieden. Die Gefühle sind allgemein vermindert, eingeschränkt, allenfalls werden routinemäßige und ‚mechanische‘ Aktivitäten zu Ende geführt.

Hyperarousal
…  Symptome der Übererregung: z. B. Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit, erhöhte Reizbarkeit, mangelnde Affekttoleranz

Schwierigkeiten einzuschlafen

Irritierbarkeit oder Ausbrüche von Ärger

Konzentrationsschwierigkeiten

Hypervigilanz (erhöhte Aufmerksamkeit)

Erhöhte Schreckreaktion (startle response)

Das Leben fühlt sich für Betroffene so an, als ob die Bedrohung durch das traumatisierende Ereignis immer noch besteht.

 

Welche Symptome können im Rahmen einer Traumafolgestörung bei Kindern und Jugendlichen entstehen?

Mögliche Symptome einer Traumafolgestörung bei Kindern und Jugendlichen sind Schlafstörungen, Alpträume, nächtliches Schreien, Trennungsängste, Reaktionen ohne erkennbaren äußeren Anlass (heftiges Weinen, Schreien, Weglaufen etc.), motorische Unruhe, Konzentrationsstörungen, erhöhte Schreckhaftigkeit, Auftreten neuer, zuvor unbekannter Verhaltensweisen (aggressive Reaktionen oder sexualisiertes Verhalten), Leistungsabfall in der Schule, Nachspielen traumatischer Ereignisse (Spielen einer immer gleichen Situation ohne Veränderung), ein Rückfall in frühere Entwicklungsstufen (Daumenlutschen, Babysprache), körperliche Symptome wie Appetitverlust, Bauch- oder Kopfschmerzen, Einnässen oder Einkoten nach zuvor erreichter Sauberkeit, ins Leere starren, Teilnahmslosigkeit der Umwelt oder früheren Aktivitäten gegenüber.

Bei älteren Kindern und Jugendlichen gleichen sich die Verhaltensweisen immer mehr denen der Erwachsenen (s. Posttraumatische Belastungsstörung) an. Insgesamt sind die Reaktionsmöglichkeiten sehr vielfältig und grundsätzlich als Versuch zu verstehen, das Gleichgewicht nach einem schwer zu bewältigendem Ereignis wiederzufinden.

Entsprechend setzt der Prozess der Traumabearbeitung eine sorgfältige Diagnostik voraus.

Was passiert in einer Traumatherapie? In der Traumatherapie geht es darum, Zusammenhänge zwischen dem posttraumatischen Verhalten und schädigenden Erlebnissen herzustellen. Ziel ist ein Zurückgewinnen von innerer und äußerer Stabilität und Sicherheit. Das alte traumatische Erlebnis soll als beendet erkannt werden. Es war schlimm, dramatisch… jetzt ist es vorbei. Es soll das weitere Leben nicht/möglichst wenig beeinflussen. Eine typische psychotherapeutische Behandlung gliedert sich in 3 Phasen:
1. Stabilisierungsphase
In dieser Phase ist es wichtig, eine gute, Sicherheit vermittelnde therapeutische Beziehung aufzubauen. Patienten lernen ihr Verhalten im Zusammenhang mit dem Erlebten zu verstehen und Kontrolle über die Symptomatik zu erlangen. Hierzu wird mit ihnen die innere Logik ihres Verhaltens erarbeitet. Sie erlernen Techniken, mit denen sie ihre Symptome kontrollieren oder beeinflussen können und damit ihre Selbstwirksamkeit als Gegenspieler zum Gefühl der Hilflosigkeit (grundgelegt durch das traumatisierende Ereignis) stärken. Ressourcen des Patienten/der Patientin werden aktiviert. Manchmal müssen in dieser Therapiephase schwierige Lebensumstände geklärt oder stabilisierende Veränderungen eingeleitet werden.
2. Traumabearbeitungsphase
Die Methoden der Stabilisierungsphase werden während der ganzen Therapie fortgesetzt. Die Phase der Traumabearbeitung und die Phase der Stabilisierung können sich im Verlauf der Behandlung immer wieder abwechseln. Die Traumabearbeitung erfolgt durch ein strukturiertes, dosiertes und kontrolliertes Wiedererleben zentraler Aspekte des Traumas. Dadurch wird der Verarbeitungsprozess der traumatischen Erlebnisse weiter fortgesetzt, die Speicherung der Traumata im Gehirn verändert sich, durch Wiedererleben und Neuverarbeitung kommt es zur Integration dieser Erfahrungen in die Gesamtpersönlichkeit. Für die Konfrontation mit dem Traumatisierenden Ereignis gibt es in Abhängigkeit zum Entwicklungsalter, den Kompetenzen und Lebensumständen des Patienten/der Patientin verschiedene Methoden. In unserer Praxis wenden wir folgende Methoden an: Screen- bzw. Bildschirmtechnik, EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing), Narrative Verfahren oder Expositionsbehandlung. Die einzelnen Verfahren werden mit den Patienten/Bezugspersonen besprochen und vom Patienten mitbestimmt. Wesentlich bei allen Techniken ist, dass die Betroffenen keine Retraumatisierung durch einen erneuten Kontrollverlust erleiden, die Kontrolle des Patienten über den Prozess hat Vorrang.
3. Integrationsphase
In der 3. Therapiephase, die eher einer ’normalen‘ Psychotherapie ähnelt, geht es um die weitere Verarbeitung im Sinne von Integration des Geschehenen. Häufig muß Trauerarbeit geleistet werden, das Selbsterleben und Lebensgefühl hat sich verändert, so dass neue Bewältigungsstrategien entwickelt werden müssen. Wichtig ist, daß die Patienten sich wieder stark und im Besitz ihrer Kräfte fühlen, so daß sie angemessene Entscheidungen für ihr weiteres Leben fällen können.
Wann ist eine psychotherapeutische Behandlung nach schweren Belastungen notwendig?
Das Ausmaß der Betroffenheit, die Ressourcen des Erlebenden und die Unterstützungsangebote der Bezugspersonen sind entscheidend für die Frage, ob und in welchem Ausmaß sich Symptome zeigen oder festsetzen. Kinder und Jugendliche verfügen über Selbstheilungskräfte und können sich auch von schwerwiegenden Ereignissen erholen. Treten die o.g. Symptome auf, so ist dies ein Zeichen dafür, dass die Selbstheilungskräfte nicht ausreichen und Hilfe notwendig ist. Eltern und Bezugspersonen werden in der Therapie dabei unterstützt die Selbstheilungskräfte des betroffenen Kindes zu mobilisieren.
Hilfreiche Informationen finden Sie unter
www.pknds.deSollte das Verhalten 4 Wochen nach dem Ereignis unverändert bestehen oder verstärkt auftreten, nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch.