Die Verhaltenstherapie ist ein über die Krankenkasse abrechenbares Therapieverfahren. Unter Verhaltenstherapie versteht man eine Vielzahl von Behandlungsmethoden, die auf der Annahme gründen, dass menschliches Verhalten erlernt ist und daher auch wieder verlernt werden kann. Einmal gelernte Verhaltensweisen können durch geeignete Reize jederzeit in Gang gesetzt werden. Verhalten, das eine positive Verstärkung erfährt (im Sinne einer Belohnung), wird beibehalten. Ausbleibende oder negative Verstärkung (im Sinne einer Konsequenz) führt zu einer Löschung des erlernten Verhaltens. Bei der kognitiven Verhaltenstherapie geht es hauptsächlich um den Prozess der Informationsverarbeitung, der zwischen dem Input (Reizwahrnehmung) und dem Output (Reaktion/Verhalten) stattfindet. Fehler bei der Informationsverarbeitung äußern sich in Form von psychischen Störungen.
Was sind kognitive Therapieverfahren (KVT)?
Im Mittelpunkt der kognitiven Therapieverfahren stehen unsere Kognitionen. Kognitionen umfassen unsere Einstellungen, Gedanken, Bewertungen und Überzeugungen.
Zu den kognitiven Therapieverfahren gehören die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) und die Rational-Emotive Verhaltenstherapie (REVT).
Was ist Rational emotive Verhaltenstherapie (REVT)?
Die REVT ist das erste und älteste Therapieverfahren der kognitiven Verhaltenstherapie und wurde von dem amerikanischen Psychologen Albert Ellis entwickelt. Die Grundannahme der REVT ist, dass die Gefühle eines Menschen und seine Verhaltensweisen ein direkter Ausdruck seiner Gedanken sind. So werden die Ursachen einer psychischen Störung als direkte Folge irrationaler Gedanken angesehen. Die Aufgabe des Therapeuten ist es, diese irrationalen Gedanken und die damit verbundenen Denkgewohnheiten (Schemata) sowie daraus resultierenden unrealistisch gesetzten Ziele des Klienten zu identifizieren und so zu verändern, dass eine Veränderung bzw. Neuanpassung möglich werden kann. Kernmodul der REVT ist das sogenannte „ABCDE-Modell“, wobei mit A (Activating event) das auslösende Ereignis eines Problems, B (Believe System) Gedanken und Bewertungen und C (Consequences) resultierende Gedanken und Gefühle, D (Disputation) Auseinandersetzung mit den irrationalen Gedanken, E (Effekt) Ersetzen der irrationalen durch rationale Gedanken gemeint sind.
Die von Ellis beschriebenen irrationalen Überzeugungen werden in vier Grundkategorien zusammengefasst:
1. Absolute Forderungen: Wünsche werden zu absoluten Forderungen („Ich muss …“, „Die anderen müssen …“);
2. Globale negative Selbst- und Fremdbewertungen: Statt einzelner Eigenschaften wird die ganze Person als minderwertig bewertet („Ich bin wertlos/ein Versager …“, „Ich bin dumm …“);
3. Katastrophisieren: Negative Ereignisse werden überbewertet („Es wäre absolut schrecklich, wenn …“);
4. Niedrige Frustrationstoleranz: Es herrscht der Glaube, negative Ereignisse nicht aushalten zu können („Ich könnte es nicht ertragen, wenn …“).
VT, KVT und REVT gehen davon aus, dass unser Denken einen großen Einfluss darauf hat, wie wir uns fühlen, verhalten und wie wir körperlich reagieren.
Diesen Zusammenhang zwischen unserem Denken, Fühlen und Handeln verdeutlicht das ABC der Gefühle, was sich aus dem Modell von Ellis (s. o.) ableitet und einen Teil der kognitiven Verhaltenstherapie darstellt.
B Bewertung der Situation als positiv, negativ oder neutral
C Gefühle, Körperreaktionen und VerhaltenWenn wir eine Situation als erfreulich, gut oder schön bewerten, werden wir uns auch froh, glücklich und freudig erregt fühlen.
Wenn wir eine Situation allerdings als schlimm, gefährlich, unerträglich bewerten, dann empfinden wir Trauer, Angst, Wut, Enttäuschung, Unruhe, Nervosität, Anspannung usw.
Bewerten wir eine Situation als neutral, normal und in Ordnung, dann sind wir entspannt und ruhig.

Schon die Griechen kannten vor 2000 Jahren den Zusammenhang zwischen Denken, Gefühlen und Verhalten. Epiktet, ein antiker Philosoph, sagte: Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern unsere Sicht dieser Dinge. An dieser Wahrheit hat sich bis heute nichts geändert! Das ABC der Gefühle macht deutlich, dass wir für unsere Gefühle verantwortlich sind. Was wiederum bedeutet, dass wir Einfluss auf unsere Gefühle nehmen können. Die auslösenden Situationen (A) können wir häufig nicht beeinflussen. Wir können aber unsere Bewertung/Gedanken (B) zu der Situation verändern und damit unsere Gefühlswelt und Verhaltensweisen positiv beeinflussen. Das zeigt wiederum, dass andere uns keine schlechten oder guten Gefühle machen können. Wir sind für unsere Gefühle selbst verantwortlich.
Was unterscheidet die Verhaltenstherapie von anderen Therapieverfahren?
Im Gegensatz zur Tiefenpsychologie und Psychoanalyse setzen die kognitiven Therapieverfahren nicht in der Vergangenheit an, sondern im Hier und Jetzt und stützen/stärken die Handlungskompetenz des Einzelnen.
Unsere Einstellungen und Grundüberzeugungen, die für unsere momentanen Schwierigkeiten verantwortlich sind, haben wir uns in der Vergangenheit – insbesondere in der Kindheit – angeeignet.
Wir können diese blockierenden Einstellungen nur im Hier und Jetzt ändern. Über die Veränderung der Gegenwart verändert man die Zukunft. Wir müssen nicht immer in die Vergangenheit zurückgehen und die schmerzlichen Erfahrungen nochmals durchleben, um uns emotional besser zu fühlen.
In der Therapie sollen neue Ansichten und Lösungswege für die individuellen Schwierigkeiten erarbeitet werden. Der Therapeut ist eine Art Coach, der hilfreiche Wege zur Problemlösung, zur Entspannung, zum Aufbau eines positiven Selbstbildes und Lebenskonzeptes vermitteln soll.
Alle Verfahren, die eingesetzt werden, sind wissenschaftlich überprüft (evaluiert) und in ihrer Wirksamkeit bestätigt.
Die Therapie umfasst drei Bereiche:
1. Veränderung der Situation, so weit es möglich und sinnvoll ist
2. Bewusstmachung und Veränderung blockierender und irrationaler Bewertungen und Ansichten
3. Veränderungen im Denken und Verhalten.
Was passiert in der kognitiven Verhaltenstherapie?
Wie Detektive sucht der/die Patient*in mit seinem/seiner Therapeut*in nach den Ursachen für seine momentanen Probleme.
Fragestellungen sind beispielsweise:
In welchen Situationen tritt mein Problem auf?
Wann tritt es nicht auf?
Was mache ich dann anders?
Welche konkreten Gedanken führen zu meinem Problem?
Sind meine Gedanken der Situation angemessen oder übertrieben negativ?
Wie bewerte ich mein Problem?
Welche anderen Möglichkeiten gibt es zu reagieren?
Was benötige ich, um anders als bisher zu reagieren?
Wie wirksam sind kognitive Therapieverfahren?
Die Wirksamkeit kognitiver Verfahren wurde in tausenden von Untersuchungen bestätigt. Insbesondere in der Behandlung von Depressionen und Panikstörungen sind kognitive Therapieverfahren sehr effektiv.
Welche Probleme/Störungen werden mit der kognitiven Verhaltenstherapie behandelt?
Die häufigsten Probleme/Störungen, die in einer Verhaltenstherapie behandelt werden, sind:
-Angststörungen: Panikstörungen, Phobien, Generalisierte Angstzustände, Soziale Ängste, Posttraumatische Belastungsstörungen, Versagensängste
-Depressionen, Trauer, Ärger, Wut, Eifersucht, seelische Kränkungen und Verletzungen
-Essstörungen: Übergewicht, Bulimie, Magersucht
-Partnerschaftsprobleme wie Liebeskummer, Trennung, Scheidung
– Schlafstörungen
– Schmerzen: Kopfschmerz, Rückenschmerz
– Psychosomatische Beschwerden
– Sexueller Missbrauch
– Suchtprobleme: Spielsucht, Rauchen, Internetsucht, Alkoholsucht und Medikamentensucht, Sexsucht, Arbeitssucht
– Arbeitsprobleme: Burnout, Überforderung, Stressbewältigung, Konzentrationsprobleme, Mobbing
– Stottern, Tinnitus, Zwänge.
Wenn die blockierenden Einstellungen erkannt und korrigiert wurden, dann geht es darum, neue und hilfreiche Sichtweisen zu üben. Hierzu werden häufig Hausaufgaben und Übungen vom/von der Therapeut*in aufgegeben, die zwischen den Therapiesitzungen durchgeführt werden sollen.
Therapeutischen Module der kognitiven Verhaltenstherapie sind z. B.:
– Entspannungsverfahren, z. B. die Progressive Muskelentspannung
– Atemtechniken, z. B. die Spontan-Entspannungs-Technik, die Bauchatmung
– Selbstsicherheitstraining
– Überprüfung blockierender Gedanken und Erarbeitung hilfreicher, angemessener Gedanken
– Verhaltensübungen, Vorstellungsübungen
– Systematische Desensibilisierung
– Konfrontationstraining.
Was ist hilfreich für den Therapie-Erfolg?
– Eigenmotivation, die Bereitschaft, aktiv an sich zu arbeiten
– die Bereitschaft, Hausaufgaben zu machen
– Bereitschaft, neues Verhalten auszuprobieren
Was bringt die kognitive Verhaltenstherapie?
– Das ABC der Gefühle ist für alle Gefühle gültig. Es kann auf jede Situation und jedes seelische Problem angewendet werden.
– Im weiteren Leben kann jeder von den Strategien zur Problemlösung, Stressbewältigung, Entspannung usw. profitieren.
– Es lässt sich ein besseres Verständnis für das eigene Verhalten und das der Anderen erzielen.
– Mehr Lebensqualität kann gewonnen werden durch mehr Gelassenheit, mehr Mut, mehr Freude.